"Game of Thrones" Staffel 6: Daenerys Targaryen, die falsche Königin
Seit der 1. Staffel "Game of Thrones" träumt Daenerys Tagaryen davon, zurück nach Westeros zu kehren und sich zu nehmen, was rechtmäßig ihr gehört: den Eiserne Thron. In Staffel 6 sieht es nun ganz danach aus, als könnte ihr Traum mit Hilfe der Greyjoys Wirklichkeit werden. Doch ihre Ankunft in Westeros könnte fatale Folgen haben. Ist sie in Wahrheit nicht die Heldin der Geschichte, sondern die Antagonistin?
Der Kampf um den Eisernen Thron ist noch lange nicht vorbei, steuert aber scheinbar langsam auf das Ende zu. Gezwungenermaßen. Denn nach der 6. Staffel "Game of Thrones" (läuft aktuell auf Sky) erwarten die Fans zwei verkürzte Staffeln. Bis zum Ende des Epos sollte dann feststehen, welcher König oder welche Königin die Macht in Westeros an sich reißen wird. Viele Fans setzen dabei auf Daenerys Targaryen (Emilia Clarke). Kein Wunder: würde die Geschichte in unserer Zeit und unserem Universum spielen, könnte ihre tragische Leidensgeschichte zahlreiche RTL-Reportagen füllen. Seit der 1. Staffel sehen wir sie als eine der Leidtragenden von Roberts Rebellion. Nach dem Tod ihres Vaters, König Aerys II. Targaryen - der nicht ohne Grund als der "Irre König" berühmt wurde - musste Daenerys mit ihrem Bruder Viserys ins Exil fliehen. Die Geschwister - anfänglich mehr Viserys, als Dany - klammern sich an die Hoffnung, dass der Thron eines Tages wieder in die Hand eines Targaryen fällt.
Daenerys gibt nicht auf
Keiner der vielen Schritte, die Daenerys Richtung Thron gemacht hat und noch immer macht, sind einfach. Immer wieder muss sie Niederlagen einstecken. Mal werden ihre wertvollen Drachen gestohlen, dann trachtet ihr der Feind aus Westeros nach dem Leben - Intrigen und Verrat scheinen an der Tagesordnung zu stehen. Sie muss viele persönliche Opfer bringen, aber gibt nicht auf. In Situationen, in denen andere das Handtuch geworfen hätte, rappelt sie sich auf, klopft sich den Staub vom Kleid und macht weiter. Ohne Zweifel: Daenerys Targaryen ist eine der vielen starken Heldinnen von "Game of Thrones". Eine Serie, die von Frauen lebt, die sich in einer harten, blutigen Welt nicht den Männern unterwerfen.
Seit Start der Roman-Verfilmung von HBO fiebern wir mit Daenerys mit, hassen automatisch jeden, der sich ihr in den Weg stellt und schwingen imaginär unser Fähnchen mit dem Wappen des dreiköpfigen Drachen. Doch kaum ist Daenerys' Ziel zum Greifen nah, tauchen erste Zweifel auf und verhärten sich mit jeder weiteren Episode der aktuellen Season. Könnte Daenerys' Thronbesteigung ein Fehler sein?
Bereits in der 3. Staffel "Game of Thrones" erinnert Jorah Mormont (Iain Glen) die Mutter der Drachen daran, dass sie nur auf dem Thron ihrer Vorfahren Platz nehmen kann, wenn sie ihn erobert. Jorah prophezeit ihr, dass Blut vergossen werden muss und letztendlich an ihren Händen kleben wird. Daenerys erwidert: "Das Blut meiner Feinde, nicht das Unschuldiger." Jahrelang haben wir sie als die gute Eroberin gesehen, die ihre Waffen nur gegen zweifellos böse Charaktere erhob und den Unterdrückten die Freiheit schenkte. Damit konnte sie Sympathien gewinnen, wurde zwischenzeitlich als "Mhysa" (Mutter) gefeiert und auf Händen getragen. Aber es brachte sie nicht wirklich weiter. Sie trat auf der Stelle, musste weitere Rückschläge einstecken. Jetzt scheint auch Daenerys' Geduld langsam erschöpft. Ihr Vorgehen wird aggressiver.
Regisseur vergleicht Dany mit Hitler
In der 6. Staffel "Game of Thrones" zeigt sie sich mit der gleichen Entschlossenheit, den Thron zurückzuerobern, wie in der Vergangenheit - aber etwas ist anders. Und obwohl ihre Reden langsam ein bisschen abgenutzt wirken, horchte der ein oder andere Fan in Episode 6 doch auf. Auf dem Rücken ihres Drachen Drogon ruft sie die kleine Armee aus Dothraki-Kriegern auf, mit ihr gemeinsam das Meer zu überqueren und Westeros einzunehmen. Um jeden Preis. Bei mir schrillten nach diesem Monolog plötzlich die Alarmglocken. Scheinbar nicht ohne Grund: selbst Regisseur Jack Bender verglich Daenerys in dieser Szene mit Hitler. Und leise, ganz leise, breiteten sich im Hinterkopf erste zweifelnde Frage aus: Haben wir in all den Jahren den falschen Charakter angefeuert? Ist Daenerys in Wahrheit eine der Antagonisten der Serie und neben den Weißen Wanderern die größte Bedrohung für die Bevölkerung von Westeros?
Die Greyjoys sind bereit, eine Allianz mit Daenerys einzugehen. Damit erhält Daenerys endlich die Schiffe, die sie benötigt, um mit ihrer Armee nach Westeros zu segeln. Ihre Ankunft dort wurde bereits in einer Vision von Bran Stark bestätigt. Die Lannister haben es verdient, vom Eisernen Thron verjagt zu werden, nachdem nicht nur der sardonische Joffrey ein absoluter Reinfall war, sondern auch der gut-herzige Tommen. Für das, was sie im Laufe der Jahre getan haben, hätten sie sogar den Tod verdient. Doch dabei würde es keinesfalls bleiben. Mit Daenerys' Rachefeldzug und der Ankunft der Dothraki in Westeros, geraten plötzlich auch die Charaktere in Lebensgefahr, die wir ins Herz geschlossen haben.
Die Irre Königin
Es ist eine unrealistische Wunschvorstellung, dass Daenerys in Westeros einfällt und ausschließlich die Charaktere auslöscht, die wir verabscheuen - die Freys, Boltons, Lannisters und wer sonst noch mordend durch den Norden und den Süden zieht. Sobald die Mutter der Drachen zurück in ihrer Heimat ist, müssten wir auch um die Leben der Starks und weiterer nobler Häuser fürchten, die einst auf der Seite der Baratheons standen und sich somit gegen die Targaryens stellten. Selbst ungescholtene Bürger von Westeros wären nicht länger sicher. Die Dothraki sind zwar bereit, Daenerys in ein unbekanntes Land zu folgen, aber das heißt nicht, dass sie ihre wilde, aggressive Natur für sie aufgeben werden. Ich sehe die Dothraki schon jetzt auf ihren Pferden in den engen Gassen von King's Landing: plündernd, mordend und vergewaltigend.
Daenerys hat sich womöglich die falschen Verbündeten gesucht; ihr fehlt die vollkommene Kontrolle über die einfachen, aber aggressiven Krieger. Vielleicht interessiert sie das - so kurz vor dem Ziel - aber auch nicht mehr. Bereits seit vielen Jahren gibt es zahlreiche "Mad Queen"-Theorien, laut denen Daenerys nach und nach dem gleichen Wahnsinn wie König Aerys II. verfällt. Zwischen den Zeilen ist die Befürchtung schon lange da: Daenerys ist nicht die Heldin, für die wir sie halten.
George R. R. Martins epische Romanreihe trägt den Titel "Das Lied von Eis und Feuer". Zahlreiche Fans vermuten, dass das ein Indiz dafür ist, dass am Ende Daenerys Tagaryen und Jon Snow als Paar den Eisernen Thron einnehmen - und das, obwohl die beiden verwandt sein könnten. Oder ist es am Ende der Titel für einen blutigen Kampf zwischen Feuer und Eis? Die Antwort darauf erhalten wir wohl erst in den verbleibenden Staffeln.
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