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"Westworld"
Gamer, seid nett zu euren NPCs!

John P. Johnson, © 2016 Home Box Office, Inc.
  • John P. Johnson, © 2016 Home Box Office, Inc.
  • hochgeladen von Julia Schmid

"Westworld" offenbart die Grausamkeit des Menschen: Ohne Empathie zieht er mordende und vergewaltigend durch die fiktive Welt. Die Opfer sind immer nur Roboter und keine echten Menschen. Dabei verschwimmt die Grenze immer mehr. Jonathan Nolan und Lisa Joy sprechen über die große Frage der HBO-Serie. Muss man mit Androiden Mitleid haben?

"Westworld" ist wie ein "Disneyland" aus der Hölle. Statt sich in bunte Märchenwelten zu flüchten, treffen die Besucher in "Westworld" auf Androiden im wilden Westen. Diese sehen ihrer menschlichen Vorlage nicht nur erschreckend ähnlich, sondern können bluten und Emotionen zeigen. Als die große Liebe von Roboter Dolores (Evan Rachel Wood) von einem Banditen erschossen wird, weint sie und weicht stundenlang nicht von seiner Seite. In einer anderen Szene fleht sie um ihr Leben, als ein Besucher sie in einen Schuppen zieht und offensichtlich vergewaltigt. Ihren Liebsten hat sie kurz zuvor erneut verloren: Teddy (James Marsden), der Dolores vor dem Angreifer beschützen wollte, wurde eiskalt erschossen.

Der wilde, blutige Western

Und die Besucher? Zucken nicht einmal mit der Wimper. Immerhin zahlen sie für diesen Spaß fast 36.000 Euro pro Tag - die Menschlichkeit wird beim Betreten der fiktiven Welt abgelegt. Man zeigt kein Mitleid mit den Androiden, weil es eben nur Roboter sind, die genau aus diesem Grund geschaffen wurden: Damit man sich ohne Bedenken im Bordell austoben oder furchtbaren Schurken im Duell in den Kopf schießen kann. Es ist grausam, blutig, brutal. Statt schockiert über die eigenen Handlungen zu sein, macht man lieber noch schnell ein Erinnerungsfoto und posiert mit seinen Opfern - das macht sich daheim bestimmt gut auf dem Schreibtisch.

Kein Mitgefühl für NPCs

Lisa Joy und ihr Ehemann Jonathan Nolan, die beide hinter "Westworld" stecken, haben dieses interessante Thema in einem Interview mit "Entertainment Weekly" ebenfalls aufgegriffen. "Wenn du ein Spiel wie 'Grand Theft Auto' spielst, gehst du danach auch nicht nach Hause und weinst, weil du ein paar Charaktere überfahren hast, denn du gibst ihnen keine Persönlichkeit, um eine Verbindung zu ihnen herzustellen", erzählt Joy. Bei Dolores in "Westworld" wäre das anders. Der Zuschauer lernt sie kennen, erlebt ihren (programmierten) Tagesablauf und sieht, was ihr angetan wird. Man kommt zu der Entscheidung, dass die Dinge, die man sieht und die mit Dolores passieren, schlimm wären - wenn sie ein Mensch wäre.

Wer sind die Helden von "Westworld"?

Die Frage, die sie den Zuschauer in "Westworld" immer wieder stellen wollen, ist: "Spielt es überhaupt eine Rolle, wenn es nur ein Roboter ist?" Die Besucher des Themenparks scheinen längst zu einer Entscheidung gekommen sein: Es spielt keine Rolle. Aber wie sieht das der Zuschauer, der die Androiden von einer anderen Seite kennenlernt? Sollten wir die NPCs in unseren Spielen zukünftig mit mehr Nachsicht behandeln? "Westworld" zeigt die Roboter in der Rolle der unterdrückten Opfer. Sind sie in Wahrheit die Helden der Geschichte? Auf Twitter haben sich Zuschauer längst zu einer Seite bekannt: Sie sympathisieren und halten zu den "Hosts". Doch würden wir diese Empathie auch zeigen, wenn wir die nächsten "Newcomer" im Themenpark sein könnten?

Autor:

Julia Schmid

Julia Schmid auf X (vormals Twitter)
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