5 Gründe, warum „Luke Cage“ nicht sehenswert ist
Sehnlichst erwartet, am Ende bitterböse enttäuscht - „Luke Cage“ konnte leider nicht bei uns punkten. Warum er in „Jessica Jones“ einen besseren Held abgegeben hat und Netflix sein Budget für Kulisse und Kostüme erhöhen sollte.
Zugegeben, die Erwartungen an Marvel’s „Luke Cage“ waren nach „Jessica Jones“ hoch: Wir freuten uns auf eine actionreiche Serie, mit einem im wahrsten Sinne des Wortes knallharten Helden und natürlich jede Menge Infos rund um den Protagonisten: Wie kam er an seine Kräfte? Was geschah mit seiner Familie? Wie kam es zu dem Unglück mit Reva?
Was die Serie schließlich zu bieten hatte, waren ein sehr sprunghafter Luke Cage, mittelmäßige Nebendarsteller, nicht-authentische Kulissen und Kostüme und nicht zuletzt: Ein Handlungsstrang, der zum Gähnen träge war. Aber der Reihe nach.
1. „Marvel’s Luke Cage“ - eine lange Reise ohne Ziel und roten Faden
In den ersten Folgen lernen wir Luke Cage als zurückhaltenden, anonymen New Yorker kennen, der sich größte Mühe gibt, ein unauffälliges Leben zu führen. Er lebt in Harlem, hält sich finanziell gerade so über Wasser und würde am liebsten mit dem Durchschnittsbürger verschmelzen. Schnell wird klar: Trotz allen Bemühungen diese zu verstecken, schlummern in ihm Superkräfte. Dennoch denkt man zu Beginn der Serie noch: Stille Wasser sind tief. Meist sind es gerade die stillen Charaktere, die im Laufe der Zeit faszinierende Entwicklungen durchleben und den Zuschauer mit der Persönlichkeit anbändeln lassen.
Bald schon folgt ein Flashback über mehrere Folgen, der uns in die Zeiten des jungen Luke Cage führt, damals noch unter dem Namen Carl Lucas bekannt. Schon zu dem Zeitpunkt fragt sich der Zuschauer unweigerlich, ob es sich um den gleichen Charakter handelt - denn obgleich nur wenige Jahre zuvor geschehen, scheint Luke Cage zu dieser Zeit auch persönlich ein völlig anderer Mensch zu sein. Eine solch rapide Persönlichkeitsentwicklung in eine völlig andere Richtung scheint selbst für eine Marvel-Serie unrealistisch. Auch der nachfolgende Umschwung zurück in die Echtzeit ist nicht weniger sprunghaft. Luke Cage, auch nach 13 Folgen weiß man nicht so recht, wer du eigentlich bist - oder sein willst.
2. Kulisse und Kostüme muten billig an
Man mag es kaum glauben, finanzierten doch gleich drei große Namen „Luke Cage“: Marvel Television, Netflix und ABC Studios stecken hinter der Superhelden-Serie. Dennoch muteten besonders die Kostüme, aber auch die Kulissen und Requisiten beinahe schon billig an. Shop-Namen auf den Straßen Harlems in unnatürlich bunten, zu perfekt ausgefüllten Farben, scheinbar gestellte Tatorte und Kostüme, die an Authentizität zu wünschen übrig lassen. Wer nun klagend den Zeigefinger in einer „Das ist doch nicht so wichtig“-Manier hebt, der möge nur einmal die ersten zwei Folgen anschauen. Als Luke Cage und einige weitere Charaktere in einer Szene überraschend unter Beschuss geraten, wirft er sich schützend über ein Kind und fungiert dank seiner kugelsicheren Haut als lebender Schutzschild. Kann ein T-Shirt (siehe S01E02 46:20) nach einem Kugelhagel tatsächlich so aussehen, als habe jemand fein säuberlich kleine Muster ausgeschnitten, wo doch eigentlich tödliche Patronen hätten einschlagen und ein Bild der Zerstörung hinterlassen sollen?
3. Die kleine Spannung wird zu „Luke Cage“ gebeten, die Spannung bitte!
Hierzu lässt sich leider nicht viel Neues sagen. Der Beginn der Serie lässt schon bald die gute und die böse Seite erkennen, mit dem kleinen Twist, dass die gute Seite sich noch nicht ganz entschieden hat, tatsächlich als eine solche gegen die böse zu kämpfen. Sobald diese Zweifel aus dem Weg geräumt und der Charakter flugs eine 100-Grad-Wendung durchlaufen hat, kann die Serie leider nicht mehr überzeugen. Viel spannender waren die Folgen, in denen Pop noch lebte - der einzige Charakter, der eine tiefgreifende Persönlichkeit zeigt und dem Zuschauer ans Herz wächst. Achtung, Spoiler: Zu schade, dass er schon in der zweiten Folge stirbt.
4. Zu viele klischeehafte Dialoge
Ebenso wie die meisten Charaktere können auch die Dialoge nicht mit Tiefgang überzeugen: Klischeehafte Superhelden-Phrasen à la „Manchmal muss ein Held tun, was ein Held tun muss“ oder „Um zu Überleben, müssen auch Opfer gebracht werden“ werden munter verteilt wie Konfetti an Fasching. Auch die Detectives teilen großzügig stereotypische Dialoge und könnten wohl auch einer 0-8-15-Folge Navy CIS entsprungen sein.
5. Auch Nebendarsteller können nicht überzeugen
Vielleicht, so könnte man denken, kann sich der Zuschauer wenigstens an den schauspielerischen Leistungen oder der Persönlichkeitsentwicklungen der Nebencharaktere erquicken. Schweren Herzens müssen wir auch an dieser Stelle ein dickes Minus verteilen. Wer nicht die ganze Staffel durchforsten, sondern möglichst zu Beginn einen Beweis dafür sehen möchte, sollte in den ersten drei Folgen beispielhaft Wilfredo „Chico“ Diaz (Brian Marc) genauer unter die Lupe nehmen.
Das bittere Fazit
Wie gern würden wir einmal auf „Reset“ drücken und vergessen, dass wir die Staffel tatsächlich Folge um Folge angeschaut und uns ein völlig anderes, sehr unschlüssiges Bild von Luke Cage gemacht haben. Unsere Empfehlung für alle, die Luke Cage erstmals durch „Jessica Jones“ kennen und lieben gelernt haben: Schaut lieber diese Staffel noch einmal und erfreut euch dort an Harlems Hünen, denn besser wird es in seinem eigenen Spin-Off leider nicht.
Autor:Jacqueline Dammers |
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