"Tabula Rasa": Diese Serie wird dich so schnell nicht mehr loslassen

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Die belgisch-deutsche Thriller-Serie "Tabula Rasa" begleitet die an Amnesie leidende Mie durch einen Sumpf wirrer Erinnerungen und albtraumhafter Bilder. Für den Zuschauer beginnt ein düsterer Psycho-Thriller, der bis zur letzten Sekunde nicht an Spannung verliert.

Annemie D'Haeze (Veerle Baetens, "The Broken Circle Breakdown"), kurz Mie genannt, leidet seit Monaten an einer anhaltenden Amnesie. Neue Erinnerungen scheinen von einem schwarzen Loch aufgesogen zu werden, gegen das Mie nicht ankämpfen kann. Sie spricht von einem roten Sandsturm, der immer dann auftaucht, wenn sie versucht, sich an etwas zu erinnern. Seit einem schweren Autounfall kann Mie nur schwer neue Erinnerungen abspeichern. Menschen, mit denen sie eben noch Bekanntschaft geschlossen hat, kennt sie einen Tag später bereits nicht mehr. Eine knifflige Ausgangslage für "Tabula Rasa", denn Mie ist die letzte Person, die mit dem nun vermissten Thomas De Geest (Jeroen Perceval) gesehen wurde.

Wo ist Thomas De Geest?

Mie, die eines Tages in einer geschlossenen Anstalt aufwacht, gerät in das Visier der Polizei. Für Inspektor Wolkers (Gene Bervoets) ist die psychisch labile Frau die Hauptverdächtige im Fall De Geest, doch sie kann ihm bei der ersten Begegnung keinerlei Antworten liefern. Mie versucht nun selbstständig ihre Erinnerungen wiederzuerlangen und zu erfahren, was in den Monaten vor dem Verschwinden von De Geest passiert ist. Doch die Suche nach Antworten stellt sich als ein kniffliges Puzzlespiel heraus, bei dem Mie Dinge erfährt, die sie vermutlich für immer vergessen möchte.

Auf der Suche nach Antworten

Die komplexe Geschichte der belgisch-deutschen Serie "Tabula Rasa" wird in verschiedenen Zeitebenen erzählt. In der Gegenwart sitzen wir gemeinsam mit Mie in der Anstalt fest, wo man von allen Seiten auf sie einredet, um Antworten zum Verschwinden von De Geest zu erhalten. Mies Vergangenheit wird Stück für Stück - tatsächlich wie ein Puzzle - in den insgesamt neun Episoden offengelegt. In jeder Folge nähern wir uns mehr dem Tag X und lernen neue Dinge aus dem Leben von Mie kennen. Unter anderem, dass sie ist erst vor wenigen Monaten mit ihrem Mann Benoit (Stijn Van Opstal) und der gemeinsamen Tochter Romy (Cécile Enthoven) in ein altes Haus im Wald gezogen ist, das unweigerlich Erinnerungen an verfluchte Häuser wie in "American Horror Story" weckt.

In diesem Haus geht nichts mit rechten Dingen vor sich

Es dauert nicht lange, bis Mie die Vermutung aufstellt, dass das Haus von bösen Geistern bewohnt ist, die sie tiefer in den Wahnsinn treiben und offensichtlich auch Einfluss auf ihre junge Tochter haben. Immer wieder wird sie von albtraumhaften Visionen heimgesucht, die an Filme wie "Black Swan" oder "Mother!" erinnern. Verrückte Dinge passieren - Telefone klingeln, obwohl niemand am anderen Ende ist, Türen öffnen sich nachts wie durch Geisterhand - und sorgen für einen schaurigen Nervenkitzel. Doch ganz gleich, wie sehr Mie um Hilfe bittet, niemand nimmt sie ernst. Nur ein einziger Mensch hört ihr schließlich zu: Thomas De Geest, den Mie eines Tages auf der Mülldeponie kennenlernt und der offensichtlich sofort von ihrer Erscheinung in den Bann gezogen wird. Doch die Art, wie Thomas die junge Mutter ansieht, löst beim Zuschauer prompt ein ungutes Gefühl aus ... Kommen wir dem Verschwinden von Thomas nun einen Schritt näher?

Plot-Twists, mit denen niemand rechnet

"Nichts ist so, wie es scheint" - selten hat ein Satz so gut gepasst, wie bei "Tabula Rasa". Neun Episoden lang begleiten wir Mie durch den beklemmenden Strudel verzerrter Erinnerungsfetzen, die sie erst nach und nach einzuordnen lernt. Wann immer der Zuschauer glaubt, dass eine Antwort zum Greifen nah ist, blickt man nur, genau wie Mie, auf eine Hand voll roten Sand. Jede Episode von "Tabula Rasa" stürzt einen erneut in ein Meer von Fragezeichen. Selbst die eine oder andere Ungereimtheit (sogar vermeintliche Plotholes), die man in den ersten Episoden der Serie bemerkt, sind von Bedeutung - ja, richtig gelesen! Das merkt man jedoch erst im Nachhinein. Es gibt gleich mehrere massive Plot-Twists, die sich wie ein Schlag in die Magengrube anfühlen. Mindestens die Hälfte davon werden selbst langjährige Krimi- und Thriller-Fans nicht kommen sehen (nein, der Gärtner ist nicht der Mörder) - und genau das gelingt heutzutage nicht mehr vielen Serien. Chapeau.

Perfektes Tempo, keine Längen

"Tabula Rasa" ist ein kleines Serienjuwel, das viele Stärken und keine Schwächen besitzt. Es ist eine Serie, die man in einem Rutsch sehen möchte und das auch sollte, um vollständig in der verstörenden Atmosphäre von Mies Amnesie eintauchen zu können. Ich konnte zumindest nicht aufhören und musste alle neun Folgen am Stück sehen. Dabei war die Skepsis zuvor groß: Schafft man es, den Fall um einen Verschwundenen mit einer an Amnesie erkrankten Protagonistin wirklich fast für acht Stunden Spielzeit spannend zu gestalten? Ja, "Tabula Rasa" gelingt das. ("Ich. Darf. Nicht. Schlafen." mit Nicole Kidman ist das beispielsweise nicht gelungen - dabei dauerte der Film nur eineinhalb Stunden.) Die Sprünge zwischen Gegenwart und Vergangenheit sind perfekt dosiert. Es gibt keine Längen, der ständige Wechsel nervt nicht, sondern hält die Spannung tatsächlich bis zur letzten Minute aufrecht - wortwörtlich. Denn so viel will verraten werden: "Tabula Rasa" überrascht selbst kurz vor Schluss erneut mit einem Plot-Twist, der es in sich hat.

Gänsehaut pur

Eine gute Handlung alleine reicht natürlich nicht aus, letztendlich ruht die Serie vor allem auf den Schultern der Schauspieler. Ein schlechter Cast kann selbst einem genialen Plot das Genick brechen. In diesem Fall ist das zum Glück nicht der Fall. Veerle Baetens als gequälte Mie zu beobachten, ist gleichermaßen faszinierend, wie auch tragisch. Die 40-Jährige bewegt sich wie eine leichtfüßige Tänzerin durch den spielerischen Wechsel der verschiedenen Genres, die "Tabula Rasa" in den neun Episoden streift. Übernatürlicher Horror, Familien-Drama, Psycho-Thriller - alles kein Problem für sie. Ein kleines Highlight des Casts ist auch Peter Van den Begin als exzentrischer Feuerteufel Vronsky, mit dem sich Mie in der Anstalt anfreundet. Abgerundet wird alles durch den bedrückenden Soundtrack von Lachlan Anderson ("6 Days"), der - sofern die gezeigten Szenen nicht ausreichen - in manchen Momenten einen wohligen Schauer auslöst.

Binge-Watching lohnt sich

Wer auf der Suche nach einer neuen Serie ist, die nicht von den ersten Sekunde an durchschaubar ist, sollte bei "Tabula Rasa" definitiv zugreifen. Dann sollte man sich aber auch voll und ganz auf die neun Episoden einlassen und Ablenkungen vermeiden. Wer einmal im falschen Moment auf das Handy blickt, könnte schon ein wichtiges Detail verpassen, das im weiteren Verlauf der Serie wichtig wird oder zumindest beim Rätselraten weiterhilft. Ich habe "Tabula Rasa" in einem Stück geguckt und kann die Serie somit auch allen Binge-Watchern ans Herz legen. Ähnlich wie "The Sinner" (das im Vergleich dazu jedoch ein sehr schwaches Ende hat), kann man sich hier ohnehin nur schwer von der Geschichte lösen und muss einfach wissen, wie es weitergeht. "Tabula Rasa" ist ein Thriller, der sich die Zeit nimmt, seine verworrene Geschichte zu erzählen und gemeinsam zu entwirren. Wer sich davon nicht abschrecken lässt, wird mit einer spannenden Serie belohnt, die man so schnell nicht vergessen wird.

Affiliate Links: Die 1. Staffel "Tabula Rasa" ist am 17. April 2018 dank Pandastorm Pictures (Edel Germany) auf DVD (bei Amazon kaufen) und Blu-ray (bei Amazon kaufen) erschienen.

Deutscher Trailer zu "Tabula Rasa"

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Julia Schmid

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