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„London Spy“ Episode 1
Nichts ist so, wie es scheint

Symbolbild | Foto: Photo by Eva Dang on Unsplash
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„London Spy“ wirkt auf den ersten Blick wie der Start einer Fanfiction: Treffen Ben Whishaw und Edward Holcroft – zwei Schauspieler, die mit Agenten-Filmen international berühmt wurden – aufeinander und verlieben sich. Doch viel Platz für die Romanze der ungleichen Charaktere bleibt nicht. Schnell zeigt sich, dass einer der beiden ein dunkles Geheimnis zu verbergen scheint, das bereits in der 1. Folge mit einer schockierenden Entdeckung verbunden ist.

„Kingsman“ und „James Bond“ sind nur zwei Agenten-Filme, die in diesem Jahr die Zuschauer in die Kinos lockten. Das Interesse an englischen Spionen ist noch lange nicht versiegt. Ganz gleich, ob es sich dabei um den MI6 handelt oder einer anderen fiktiven Organisation – tödliche Gewalt, in einen maßgeschneiderten Anzug gepackt scheint den Nerv vieler Kinogänger im Jahr 2015 zu treffen. Passend dazu liefert BBC Two nun eine neue Mini-Serie namens „London Spy“. Bereits der Titel verspricht ein Erfolgsrezept zu sein, zumindest für all jene, die mit 007 aufgewachsen sind. Ausgerechnet in der 1. Episode „Lullaby“, die am 9. November ausgestrahlt wurde, erlebt man sehr wenig von dem Spionage-Charme und gezückten Waffen – das ist aber alles andere als schlecht.

Zwei Welten prallen aufeinander

„London Spy“ beginnt leise. Langsam. Keine Agenten, keine rasante Action, stattdessen eine zögerliche Liebesgeschichte zwischen Danny (Ben Whishaw, „James Bond“) und Alex (Edward Holcroft, „Kingsman“). Die jungen Männer könnten kaum unterschiedlicher sein – alleine in ihrem Auftreten zeigt sich, dass sie aus verschiedenen Welten kommen. Während Alex der steife Anzugträger aus gutem Haus ist, lebt Danny in einer chaotischen Wohngemeinschaft und wirkt immer, als wäre er gerade erst aus einer durchzechten Nacht aufgewacht. (Der Whishaw-Charme mit Hundewelpen-Faktor.) Nach einer zufälligen Begegnung schafft es Danny nicht mehr, Alex zu vergessen. Ein weiteres Treffen zeigt: eine Faszination, die auf Gegenseitigkeit beruht und schnell in erste Annäherungen übergeht.

Etwas stimmt nicht mit Alex

Während Danny sich gegenüber Alex öffnet – von Drogen-Eskapaden und mit tränenerstickter Stimme über die Angst vor HIV berichtet – erfahren wir von Alex wenig. Er bleibt der unnahbare, junge Mann im Anzug, der Karriere macht und sich einen luxuriösen Lebensstil in der englischen Metropole leisten kann. Aber Danny, ja, Danny scheint er zu lieben. Er stellt sich sogar ganz offiziell einem von Dannys On-Off-Freunden und Sugar Daddy, Scottie (Jim Broadbent, „Cloud Atlas“), der von dem Neuen nur wenig hält. Wahrscheinlich sieht er das, was auch der Zuschauer sieht: irgendetwas stimmt mit Alex nicht. Das zeigt sich auch, als Danny nach mehreren Monaten Beziehung vorschlägt, gemeinsam ein paar Tage zu verreisen. Alex stimmt zu, aber auf seinem Gesicht ruht dieser traurige Ausdruck, der bereits prophezeit, dass es niemals zu diesem kleinen Liebes-Trip kommen wird.

Follow the white rabbit

Am nächsten Morgen steht Danny vor verschlossenen Türen. Alex ist verschwunden. Danny fühlt sich anfänglich verstoßen und von seinem Freund verlassen. Aber würde er wirklich auf diese Art und Weise mit ihm Schluss machen? Ihn eiskalt abservieren, nach acht schönen Monaten, die sie gemeinsam verbracht haben? Es dauert fast zwei Wochen, bis frischen Wind in die Geschichte kommt, als Danny in dem Lager, in dem er arbeitet, plötzlich ein Päckchen findet, das für ihn bestimmt ist. Darin befinden sich verschiedene Schlüssel. Keine Nachricht, nur die Schlüssel. Es scheint eine Botschaft zu sein: Follow the white rabbit und tauche tiefer in den Kaninchenbau der Geheimnisse ein. Danny weiß Bescheid. Er läuft zu Alex’ Haus und siehe da – die Schlüssel passen und gewähren ihm Zutritt zu dem kameraüberwachten Gebäude, indem er sich Antworten auf das mysteriöse Verschwinden seines Freundes erhofft. Nichtsahnend, dass ihm ein grausamer Fund bevorsteht.

(Red) Room of Pain

Als Zuschauer wartet man fast darauf, in irgendeinem Winkel plötzlich die Leiche von Alex zu finden, während sich Danny von Zimmer zu Zimmer vorkämpft und nach einem Lebenszeichen Ausschau hält. Ohne Erfolg. Doch das schlechte Omen lässt nicht lange auf sich warten: ein tropfendes Geräusch und eine Flüssigkeit, die von der Decke tropft, macht Danny auf den Dachboden der Wohnung aufmerksam. Dort findet er nicht nur ein Bett, sondern einen Raum, an dem selbst Christian Grey seine wahre Freude gehabt hätte. Zumindest wenn Anastasia ein Anastasio gewesen wäre. Bondage, Lederkleidung und -masken, Sex-Spielzeug. Offensichtlich hat Alex ein Doppelleben geführt, das er Danny die ganzen Monate über geheim gehalten hat. Der Schock über diese Entdeckung währt nicht lange, den der wahre Horror steht Danny erst bevor.

Das wahre Gesicht von Alex

In einem Nebenraum entdeckt er einen Koffer, aus dem die Flüssigkeit läuft, dich sich bereits durch die Zimmerdecke gefressen hat. Natürlich ist es nicht irgendeine Flüssigkeit, sondern Blut. Danny muss lediglich die ersten Schnallen des Koffers öffnen, schon fällt ihm der entstellte Leichnam von Alex entgegen. Auf dem Polizei-Revier erfährt Danny schließlich, dass sein Freund nicht nur unbekannte, sexuelle Vorlieben hatte, sondern mehr Geheimnisse vor ihm verborgen hat. Alex, das geniale Waisenkind, das als Bankier Karriere gemacht hat, existiert nicht. Sein wahrer Name ist Alistair und er ist ein Spion des MI6. Während es das zurückhaltende Verhalten des Briten in den letzten Monaten zu erklären scheint, wirft diese Erkenntnis weitere Fragen auf. Wurde Alex womöglich von einem anderen Agenten getötet?

Ein erster Hinweis

Scottie – der mehr als deutlich die genervte „Ich habe es dir doch gesagt“-Haltung an den Tag legt und Alex keiner Träne nachzuweinen scheint – greift Danny unter die Arme und holt ihn aus seiner misslichen Lage. Die erste Episode „London Spy“ endet mit einem fiesen Cliffhanger. Denn in Alex’ Wohnung hat Danny im Tablet seines Freundes etwas gefunden, das er vor der Polizei versteckt hat, indem er es verschluckt hat (Würgereiz galore). In den letzten Minuten der Folge kommt es wieder zum Vorschau und Danny beginnt, es langsam aus der schützenden Plastikfolie zu wickeln. Bevor wir herausfinden, was es ist und was es bedeuten könnte, endet der Auftakt von „London Spy“ … und der erste Schritt zu einem Spionage-Drama scheint gemacht.

Das Ende einer Romanze

Q aus „James Bond“ und Charlie Hesketh aus „Kingsman“ verlieben sich – das wirkt wie der Start einer Fanfiction, die ihren Ursprung in den Tiefen der Fandoms auf Tumblr gefunden hat. Zum Glück ist „London Spy“ weitaus mehr, ködert einen mit ausreichend Informationen, um am Ball zu bleiben und verrät nicht zu viel, um einen nach 60 Minuten weiterhin ahnungslos zu lassen. Erst in den letzten Minuten und mit der Entdeckung von Alex’ Geheimnis scheint „London Spy“ die Richtung einzuschlagen, die uns in den kommenden vier Episoden erwartet. Bye bye Liebesgeschichte, hallo Spionage-Drama! Edward Holcroft bleibt in der ersten Episode der BBC-Serie leider nur ein blasses „eye candy“, was an seinem Charakter liegt, der während seiner MI6-Ausbildung offensichtlich jede Art von Gefühlsregungen verloren hat. Wieso sich der quirlige Danny ausgerechnet in den schweigsamen Alex verliebt, bleibt ein Rätsel. Spaß scheint man mit ihm abseits des Schlafzimmers zumindest eher weniger zu haben. (Auch wenn er ohne Murren die Rechnung in überteuerten Restaurants in London übernehmen würde – ein großer Pluspunkt.)

Wer war Joe/Alex/Alistair wirklich? Wer steckt hinter seinem Tod? Und was hat Danny aus Alex’ Wohnung gestohlen? In der 2. Folge von „London Spy“ darf Danny tiefer in das Leben seines verstorbenen Freundes eintauchen. Für die Polizei bleibt Danny der Hauptverdächtige im mysteriösen Mordfall des MI6-Agenten. Eine Meinung, die offensichtlich nicht jeder teilt, denn Danny erhält eine Einladung von Alex’ Eltern, die ihn kennenlernen wollen. Charlotte Rampling tritt dabei als Alex' Mutter Frances auf, die bereits im Trailer mysteriös im Dunkeln am offenen Kamin sitzen durfte, wie man es eigentlich nur von "Bonde"-Bösewichten kennt. Was sie über ihren Sohn enthüllen wird, erfahren wir in der nächsten Episode, die am 16. November 2015 ausgestrahlt wird.

Autor:

Julia Schmid

Julia Schmid auf X (vormals Twitter)
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