„Interview with the Vampire“
Die aktuell beste Serie im Fernsehen, die niemand sieht
Das Finale der 2. Staffel von „Interview with the Vampire“ rückt näher und übertrifft sich von Woche zu Woche mehr. Fans und Kritiker*innen lieben die Serie und doch schafft es „IwtV“ nicht auf den Radar der breiten Masse. Die Anhänger der Vampirsaga geben dabei vor allem AMC die Schuld.
Zwei Jahre lang haben wir auf die Rückkehr von „House of the Dragon“ gewartet und nun da Staffel 2 endlich auf Sky und dem Streamingdienst WOW läuft, hat doch eine andere Serie die ganze Aufmerksamkeit verdient: „Interview with the Vampire“, dessen 2. Staffel in Deutschland gerade auf dem Streamingdienst Magenta TV ausgestrahlt wird. Diesen Montag wurde die vorletzte Episode der neuen Season ausgestrahlt und hat erneut bewiesen, dass sie Lob und Liebe verdient. Denn keine andere Serie, die aktuell im Fernsehen ausgestrahlt wird, liefert jede Woche so stark ab.
"Interview with the Vampire": Top-Serie im Schatten von Mittelmaß?
Die Begeisterung für „Interview with the Vampire“ kommt nicht nur von Vampir-begeisterten Serienjunkies, die einst mit den Romanen von Anne Rice aufgewachsen sind. Ein Blick auf „RottenTomatoes“ zeigt, dass sich die 2. Staffel über ein Rating von 98% freuen darf - genau so viel wie die 1. Staffel erzielte. Die amerikanische Serienadaption hält das starke Niveau aufrecht, das gelingt nicht vielen Serien. Der Zahlenvergleich für alle Neugierigen: „House of the Dragon“ Staffel 2 bewegt sich aktuell bei 92% auf RottenTomatoes. Die Vampire haben die Nase deutlich vorne und bekommen doch kaum Beachtung. „Das ist die beste Serie, die es derzeit im Fernsehen gibt. Ich fühle mich, als würdet ihr mich in den Wahnsinn treiben, weil ihr alle lieber über mittelmäßige oder schlechte Serien redet, statt den goldenen Standard zu sehen!“, schrieb Kyle Buchanan von der New York Times auf X (vormals Twitter). Doch wieso geht eine Serie, die so gepriesen wird, derart unter?
Fans kritisieren AMC für mangelnde Werbekampagnen
In Amerika geben die „IwtV“-Fans dem Sender AMC die Schuld. In einem Interview mit „WIRED“ bemängelten sie fehlende, groß aufgezogene Werbekampagnen, um die Aufmerksamkeit auf die Serie zu lenken. Die Kritik wird vor allem deswegen so laut, weil sich AMC aktuell noch nicht zu einer Fortsetzung von „Interview with the Vampire“ geäußert hat und Fans um die 3. Staffel bangen, die den Roman „The Vampire Lestat“ von Anne Rice als Grundlage nehmen würde. Rockstar Lestat? Ja, bitte! Schauspieler Sam Reid hat in zwei Staffeln bewiesen, dass es nichts gibt, was er nicht kann.
Zwischen Blutdurst und toxischen Beziehungen
Am Ende ist es nicht nur das Marketing alleine, das „Interview with the Vampire“ den Durchbruch erschwert. Immerhin dreht sich die eine Serie nicht nur um Vampire, sondern vor allem um queere Vampire, von denen nur wenige wirklich liebenswerte Charaktere abgeben. Staffel 2 ist der beste Beweis dafür. Sie morden Unschuldige für ihr Blut, betrügen, schikanieren und manipulieren sich aber auch gegenseitig. Die ewigen Geschöpfe sind voller Makel und stecken in derart toxischen Beziehungen, dass man das Gefühl hat, sie hätten Begriffe wie „Gaslighting“ und „Red Flag“ erfunden. Ein kleines bisschen fühlt man sich dabei fast schlecht, wenn man Armand anfeuert oder sich eine Reunion von Lestat und Louis wünscht.
Blutig, grausam, und doch unfreiwillig komisch
„Interview with the Vampire“ ist blutig, grausam, emotional, aber häufig auch unfreiwillig komisch. Wenn Lestat in Staffel 1 seine „Tochter“ Claudia bei ihrer erneuten Flucht vor ihm einholt und nach Hause zerrt, will man nur Mitleid mit ihr empfinden ... und kommt dann doch nicht umhin, mit Lestat zu lachen, wenn der mit dem abgetrennten Kopf eines Karten-Kontrolleurs Puppentheater spielt. Comedy-Highlight ist nicht nur der teils überzeichnete, immer dramatische Lestat (Sam Reid), sondern auch der menschliche Journalist Daniel Molloy (Eric Bogosian), der keine Skrupel hat, mächtige, mehrere Jahrhunderte alte Vampire zu ärgern und sich von ihrer Macht nicht einschüchtern lässt. Stattdessen geht er mit ihnen um, als wären sie zwei Schuljungs, die er des Lügens überführt.
Die Kunst der Täuschung
Lügen stehen in der 2. Staffel von „Interview with the Vampire“ im Vordergrund und machen die Geschichte für die Zuschauenden besonders spannend. Denn während Louis (Jacob Anderson) von seiner Vergangenheit erzählt, zeigt sich Stück für Stück, das sein Gedächtnis manipuliert wurde und Armand hier seine Finger im Spiel gehabt zu haben scheint. Jede Erzählung dreht und wendet man wie eine Münze, um so zu erkennen, was daran echt und was falsche Erinnerung ist. Schon lange war eine Serie mit einem sogenannten unreliable narrator (auf Deutsch: unzuverlässiger Erzähler) so spannend: Nur weil Louis die Geschichte erzählt, heißt es nicht, dass sie genau so auch stattgefunden hat. Das zeigt sich unter anderem in Episode 7 von Staffel 2, als Lestat Geschehnisse aus der 1. Staffel von einer ganz neuen Seite beleuchtet und beweist, dass auch Louis dunkle Seiten an sich hat.
Der fesselnde Cast von „Interview with the Vampire“
„Interview with the Vampire“ ist aber auch deswegen so fesselnd, weil es unglaublich Spaß macht, den Cast auf dem Bildschirm zu verfolgen: Der Fokus liegt in Staffel 2 vor allem auf Sam Reid, Jacob Anderson und Assad Zaman, die ein gefährliches Dreieck aus Liebe und Hass ergeben. Egal, in welcher Beziehungskombination sie auftauchen - keine davon ist gesund und doch kriegt man einfach nicht genug und lässt sich zu gerne von der schauspielerischen Gewalt des Trios von den Füßen reißen. Es gibt nur wenige Momente, in denen alle drei gemeinsam auf dem Bildschirm zu sehen sind, doch diese sind umso kostbarer. Ein Highlight in Staffel 2 ist auch Ben Daniels als Santiago, leitender Schauspieler im Theater und Gegenspieler von Louis und Claudia, der einem mit seiner Performance und Präsenz spielend leicht in den Bann zieht.
Neue Facetten eines ewigen Vampirkinds
„IwtV“-Newcomerin Delainey Hayles - die in Staffel 2 die Rolle der Claudia von Bailey Bass übernommen hat - zeigt neue Facetten an dem ewigen Vampirkind. Die neuen Folgen begleiten ihre Suche nach einem Platz in der Welt und einem Menschen, für den sie endlich die erste Wahl ist. Umso herzzerreißender ist der Moment, in dem die Erkenntnis einsetzt, dass ihr Leben auf eine Katastrophe zusteuert, als sich ihre Träume erfüllen sollen. Das Théâtre des Vampires wird erst eine neue Heimat unter Gleichgesinnten für sie und dann mit seinen strengen Regeln und der Rolle, in die man sie drängt, zu einem Ort der Frustration.
Die Neuerfindung von Anne Rices Vampiruniversum durch Showrunner Rolin Jones
Showrunner Rolin Jones hat die eine oder andere Veränderung vorgenommen, die nicht bei allen Fans von Anne Rices Romanen gut angekommen sind. Das Ergebnis dieser zeitgemäßen Anpassungen kann sich jedoch sehen lassen. Jones' tiefes Verständnis und unbändige Liebe für das unsterbliche Universum von Rice zeigt sich in jeder Episode und hat Vampire im Jahr 2024 wieder zu Gestalten gemacht, die man gleichermaßen bewundert wie fürchtet. Ein Serienjuwel, das man sich keinesfalls entgehen lassen sollte.
„Interview with the Vampire“ Staffel 1 und Staffel 2 stehen in Deutschland auf Magenta TV zum Streaming zur Verfügung. Jetzt abonnieren und direkt losstreamen!*
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